Zum Hauptinhalt springen

Süße Sensibilisierung resistenter Darmkrebszellen

Süße Sensibilisierung resistenter Darmkrebszellen

Zuckermodifikationen von Signalrezeptoren bieten neue Ansatzpunkte zur Verbesserung der Immuntherapie bei Darmkrebs

Darmkrebs stellt weltweit die dritthäufigste Krebsart dar. Etwa eine Million Patientinnen und Patienten sterben jedes Jahr an dieser Erkrankung. Eine Forschergruppe des Uniklinikums Erlangen hat neue Ergebnisse erhalten, wie Tumorzellen gegen die Angriffe des Immunsystems resistent werden und wie man diesem Mechanismus entgegenwirken kann. Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung.

Die Art der Immunreaktion bestimmt sehr stark den Verlauf einer Darmkrebserkrankung. Nicht bei allen Patientinnen und Patienten geht jedoch eine prognostisch günstige Immunreaktion auch mit einem günstigen Verlauf der Erkrankung einher. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte in einer geringeren Sensitivität der Tumorzellen gegen die Reaktion des Immunsystems liegen. Eine vertiefende Untersuchung zur Rolle der Resistenzentwicklung von Tumorzellen gegen Immunreaktionen hat jetzt eine Forschergruppe um PD Dr. Nathalie Britzen-Laurent und Prof. Dr. Michael Stürzl von der Molekularen und Experimentellen Chirurgie in der Chirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Robert Grützmann) des Uniklinikums Erlangen im Rahmen einer internationalen, interdisziplinären Zusammenarbeit durchgeführt.

Die Untersuchungen gingen von Vorergebnissen der Gruppe aus, die zeigten, dass das Immunzytokin Interferon-g (IFN-g) eine prognostisch günstige Immunreaktion kennzeichnet und sowohl die Tumorzellen als auch die Blutgefäßversorgung bei Darmkrebs hemmen kann. In der jetzigen Arbeit fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, dass Tumorzellen gegen die hemmende Wirkung von IFN-g resistent werden können.

Reifung der Rezeptoren gestört

Zytokine entfalten ihre Wirkungen über die Bindung an Rezeptoren, die sich an der Oberfläche der Zielzellen befinden. Die Forschungsgruppe entdeckte, dass der Rezeptor für IFN-g bei resistenten Tumorzellen häufig an der Zelloberfläche nicht nachweisbar ist und dies mit einer schlechteren Prognose der Patientinnen und Patienten einhergeht. Der Grund hierfür ist, dass der Rezeptor bei den resistenten Tumorzellen vorzeitig abgebaut wurde.

Hierzu ist wissenswert, dass Rezeptoren in der Zelle auf ihrem Weg an die Zelloberfläche einen Reifungsprozess durchlaufen, in dem sie mit Zuckermolekülen versehen werden. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Glykosylierung. Er wirkt auf den reifen Rezeptor stabilisierend und reguliert die Signalfunktion. Vertiefende Analysen ergaben, dass das Enzym, das diese Glykosylierung durchführte, in resistenten Darmkrebszellen fehlte. Dadurch waren nachfolgende Reifungsprozesse zum funktionellen Rezeptor gestört, mit der Konsequenz einer Resistenzentwicklung gegen IFN-g. In therapieorientierten Analysen gelang es durch gentechnisches Einbringen des fehlenden Enzyms und durch pharmakologische Behandlung der Zellen diesen Fehler zu beheben. Dadurch wurde die Funktionalität des Rezeptors wiederhergestellt und ein verbessertes Ansprechen auf immuntherapeutische Ansätze in vorklinischen Modellen erreicht.

Neue Perspektive für Immuntherapien

Die Leiterinnen und Leiter der Studie sehen gegenwärtig den vorrangigen Nutzen der Ergebnisse für eine genauere Bestimmung der Patientenprognose und für eine verbesserte Stratifizierung von Patientinnen und Patienten für die Immuntherapie. Langfristig eröffnen die Ergebnisse neue Perspektiven für neue Ansätze zur Sensibilisierung von Darmkrebspatientinnen und -patienten mit fortgeschrittener Erkrankung für natürliche Immunreaktionen und im Rahmen von Immuntherapien.

Link zur Studie

uni | mediendienst |forschung Nr. 60/2022 vom 22. November 2022

Weitere Informationen:

PD. Dr. Nathalie Britzen-Laurent
09131 85-39522
nathalie.britzen-laurent(at)uk-erlangen.de

Prof. Dr. Michael Stürzl
09131 85-39522
michael.stuerzl(at)uk-erlangen.de