Regionale Chemotherapien
Hintergrund: Der Begriff Peritonealkarzinose bezeichnet die Ausbreitung eines bösartigen Tumors im Peritoneum (Bauchfell) und in der freien Bauchhöhle. Grundsätzlich kann jedes Organ der Bauchhöhle bei einer malignen Entartung Bauchfellmetastasen (Tumorabsiedlungen) ausbilden. Die Peritonealkarzinose ist häufig eine Begleiterscheinung von fortgeschrittenen Tumoren des Bauchraumes wie z.B. kolorektales Karzinom (Dick- und Mastdarmkrebs), Magenkarzinom (Magenkrebs), Appendixkarzinom oder mucinöser Appendixtumor (bösartiger Tumor des Blinddarms). Selten treten auch isoliert Tumorerkrankungen des Bauchfells auf (primärer Bauchfellkrebs, Mesotheliom, Pseudomyxoma peritonei).
Der Befall des Bauchfells durch Tumorzellen ist ein Zeichen einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung und ging lange Zeit generell mit einer reduzierten Lebenserwartung von deutlich unter einem Jahr einher. Vor einigen Jahren galt die Erkrankung noch als chirurgisch nicht behandelbar und eine palliative systemische bzw. Chemotherapie war die Standardtherapie.
Diagnostik: Entscheidend ist die präoperative Diagnostik mittels hochauflösender bildgebender Verfahren wie Kernspintomographie (MRT) oder Computertomographie (CT), um möglichst sicher die Patienten zu identifizieren, bei denen eine Tumorfreiheit erreichbar und diese Operation sinnvoll ist. Häufig kann auch eine Laparoskopie (Spiegelung des Bauchraumes in Narkose) einer großen Operation vorangehen. Da sich diese Behandlungsmethode nicht für alle Tumorpatienten mit Bauchfellbeteiligung eignet, ist eine sorgfältige und interdisziplinäre Indikationsstellung für die zytoreduktive Chirurgie (CRS) sowie die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) zwingend erforderlich, was Wissen und Erfahrung voraussetzt. Die aus bösartigen Tumoren des Magen-Darm-Trakts (kolorektales Karzinom, Adenokarzinom des Dünndarms und der Appendix, hochselektierte Magenkarzinome) bzw. der Eierstöcke (Ovarialkarzinom - primäre und sekundäre Therapie) oder auch Tumorerkrankungen des Peritoneums (primäres Karzinom des Peritoneums, Pseudomyxoma peritonei, peritoneales Mesotheliom) resultierenden Peritonealkarzinosen sind prinzipiell für eine hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) prädestiniert. Zusätzlich könnte dieses Therapieverfahren als ''Second-Look-Operation'' bei Hoch-Risiko-Patienten sowie als wiederholte HIPEC beim Rezidiv einer Peritonealkarzinose angewendet werden. Metastasen (Tumorabsiedlungen) in andere Organsysteme wie Lunge oder Leber müssen vor Therapiebeginn ausgeschlossen werden. Generell sollte die zytoreduktive Chirurgie (CRS) sowie die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) nur durchgeführt werden, wenn der zu erwartende Nutzen - d.h. die Symptomlinderung und Lebenszeitverlängerung - die Nachteile überwiegt, die sich durch die mit der Therapie verbundenen Einschränkungen und Komplikationen ergeben.
Therapie: In den letzten Jahren zeigte sich, dass einzelne Patienten mit Peritonealkarzinose von neuen multimodalen Therapieverfahren profitieren können. Die Behandlungsmethode umfasst zwei Komponenten: die komplette Entfernung aller sichtbaren Tumoranteile (zytoreduktive Chirurgie, CRS) und die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC). Somit wird der chirurgische Therapieansatz mit der Gabe von Zytostatika und Hyperthermie kombiniert und auf mikroskopischer Ebene das makroskopische Ergebnis der Chirurgie durch die HIPEC vervollständigt. Im weiteren Verlauf erfolgt der Einsatz einer systemischen Chemotherapie im Sinne einer multimodalen Therapie, sodass die Patienten ein individuelles Behandlungskonzept erhalten. Die lokale Chemotherapie, welche in die Bauchhöhle appliziert wird, kann zusätzlich oder auch bei Versagen bzw. Unverträglichkeit einer Systemtherapie durchgeführt werden. Durch dieses Therapieverfahren verbessert sich die Prognose und die Lebenserwartung bestimmter Patientengruppen steigt deutlich.
Die Durchführung der multimodalen Therapie der Peritonealkarzinose ist komplex und erfolgt im Rahmen eines interdisziplinären Therapiekonzepts. Sie wird in der Chirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Erlangen seit ca. 20 Jahren durch ein erfahrenes Team regelmäßig durchgeführt. Experten unterschiedlicher Fachrichtungen entscheiden in einem interdisziplinären Tumorboard über die optimale Betreuung der Patienten und besprechen auch nach erfolgter Operation jede weitere Therapiemaßnahme. Unsere Klinik nimmt an der Qualitätssicherungsstudie der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Onkologie (CAO-V)/Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie teil. Alle Patienten werden im dortigen HIPEC-Register anonymisiert erfasst.
Sprechstunde: Wird die Diagnose Peritonealkarzinose gestellt, ist eine schnelle und qualifizierte Hilfe das Wichtigste. Wir bieten Ihnen kurzfristig einen Termin in unserer Sprechstunde für Zytoreduktive Chirurgie an. Eine Anmeldung ist telefonisch über das Zentrale Patientenmanagement möglich (ZPM, Tel.-Nr. 09131/85-33368).